Ihr Anspruch auf Schulungen gemäß § 37 Abs. 6 BetrVG

Als Betriebsrat müssen Sie die Zusammenhänge in den unterschiedlichsten Bereichen kennen. Jeder Betriebsrat hat sich deshalb auf sein Mandat umfassend vorzubereiten und ist aus diesem Grund verpflichtet, sich die hierfür unerlässlichen Kenntnisse anzueignen (BAG v. 05.11.81 - 6 AR 50/79).

Paragraf Icon

Gesetzliche Grundlage gemäß § 37 Abs. 6 BetrVG

Gemäß § 37 Abs. 6 BetrVG in Verbindung mit § 37 Abs. 2 und § 40 Abs.1 BetrVG hat jedes Betriebsratsmitglied einen Anspruch auf den Besuch erforderlicher Schulungen. Als weitere Ableitung hieraus ergibt sich die Pflicht des Arbeitgebers, den Betriebsratsmitgliedern den Besuch dieser Schulungen ohne jegliche Nachteile zu ermöglichen. Dies bedeutet: Arbeitsentgeltfortzahlung, Übernahme der Kosten und Freistellung. Dies gilt ebenfalls für die Mitglieder, die häufig Betriebsräte vertreten, sogenannte Ersatzmitglieder. Für diese Gruppe sind im Besonderen Schulungen im Bereich Betriebsverfassungsrecht bzw. Arbeitsrecht i.S.v. § 37 Abs. 6 BetrVG erforderlich, da Grundkenntnisse in diesen Bereichen vorhanden sein müssen, um das Amt des Betriebsrats, auch vertretungsweise, ausüben zu können (BAG v. 14.12.1994 - 7 ABR 31/94). Eine Schulung ist immer dann erforderlich, wenn ein Betriebsrat mit Aufgaben konfrontiert wird, die er ohne die Aneignung der erforderlichen Kenntnisse nicht ordnungsgemäß bewältigen kann. Diverse Gerichtsurteile unterstützen diese Aussage. Fallen bei teilzeitbeschäftigten Betriebsräten durch den Besuch eines Seminars Mehrarbeitsstunden an, so muss der Arbeitgeber für diese gem. § 37 Abs. 3 BetrVG in Verbindung mit § 37 Abs. 6 Satz 2 BetrVG Arbeitsbefreiung oder Mehrarbeitsvergütung gewähren (BAG, Urteil vom 16.02.2005, Aktenzeichen: 7 AZR 330/04).

Über die Teilnahme von Betriebsräten an Seminaren gem. § 37 Abs. 6 BetrVG und die damit zusammenhängende Kostentragungspflicht des Arbeitgebers kommt es im Unternehmen häufig zu Unstimmigkeiten. Dem Betriebsrat steht eine eigene Entscheidung hinsichtlich des Schulungsträgers und der Seminarinhalte zu. Diverse höchstrichterliche Entscheidungen haben dies gefestigt!

Neue BR-Mitglieder haben einen speziellen Schulungsanspruch

Für eine ordnungsgemäße Betriebsratsarbeit ist es unerlässlich, dass jedes Betriebsratsmitglied Grundkenntnisse über das Betriebsverfassungsgesetz als Basis jeder Betriebsratsarbeit hat. Denn nur dann, wenn es diese Kenntnisse besitzt, ist es in der Lage, seiner Pflicht zur eigenverantwortlichen Erfüllung der mit diesem Amt verbundenen Aufgaben zu genügen. Deshalb kann jedes Betriebsratsmitglied, das solches Grundwissen noch nicht hat, zulässigerweise zu einer Schulungsveranstaltung über das Betriebsverfassungsgesetz entsandt werden, ohne dass die Erforderlichkeit der Schulung näher dargelegt werden muss (BAG 19.9.1991).

Ebenfalls muss jedes Betriebsratsmitglied über gewisse Grundkenntnisse des allgemeinen Arbeitsrechts verfügen. Dies ergibt sich nicht nur aus der allgemeinen Überwachungspflicht des Betriebsrats nach § 80.1.1 BetrVG, sondern insbesondere aus den vielfältigen Verflechtungen des Betriebsverfassungsrechts und der Beteiligungsrechte des Betriebsrats mit anderen Bereichen des Arbeitsrechts, speziell des Individualarbeitsrechts und des Tarifvertragsrechts (BAG 16.10.1986).

Beurteilung der „Erforderlichkeit“

Bei der Beurteilung der Erforderlichkeit einer Schulung steht es jedem Betriebsrat zu, für sich selbst zu entscheiden, welche Seminare besucht werden müssen. Das bezieht sich zum einen auf die Anzahl, zum anderen auf die Dauer der Seminare. Jeder Betriebsrat hat also einen Beurteilungsspielraum, in dem er seinen Schulungsanspruch festlegen kann. Natürlich sollte sich die Einschätzung der Erforderlichkeit in einem vernünftigen Rahmen bewegen (BAG v. 21.06.2001 - 2 ARZ 137/00). Durch Betriebsratsbeschluss muss der Besuch von erforderlichen Schulungenentschieden werden.

Bei dem Besuch von Seminaren muss des Weiteren auf eine betriebliche Notwendigkeit Rücksicht genommen werden. Wenn z.B. der reibungslose Ablauf im Unternehmen während des Seminarzeitraumes nicht gewährleistet wäre, weil z.B. keine Vertretung vorhanden wäre, spräche dies gegen den Besuch einer Schulung. Der Betriebsrat muss dem Arbeitgeber die Möglichkeit geben, entsprechende Vorkehrungen für den Freistellungszeitraum treffen zu können. Dies ist der Fall, wenn der Arbeitgeber zwei bis drei Wochen vor Seminarbeginn informiert wird. Auf Seite 72 finden Sie ein Beispielformular zur Vorlage bei Ihrem Arbeitgeber.


Wie ist die gesetzliche Grundlage bei Grundlagen- und Spezialseminaren

Grundlagenseminare

Gemäß § 37 Abs. 6 BetrVG hat jedes Betriebsratsmitglied einen Anspruch auf den Besuch von Grundlagenseminaren, um sich Grundkenntnisse im Betriebsverfassungsrecht anzueignen. Es gilt geradezu als Pflicht jedes Betriebsrats, sich Mindestkenntnisse im Betriebsverfassungsrecht anzueignen, da nur dann eine verantwortliche Betriebsratsarbeit möglich ist (BAG v. 19.07.1995 - 7 ABR 49/94; 05.11.1981 - 6 ABR 50/79). Diese Aussage bezieht sich z. B. auf die Seminare „Betriebsverfassungsrecht Teil I“ und „Betriebsverfassungsrecht Teil II – Beteiligungsrechte“. Eine sachgerechte Betriebsratsarbeit erfordert von jedem Betriebsratsmitglied einen gewissen Standard an allgemeinen wirtschaftlichen Kenntnissen. Erforderliche Schulungen aus diesem Bereich müssen also durch den Arbeitgeber ermöglicht werden. Diese Aussage wurde durch das LAG Baden-Württemberg in seiner Entscheidung vom 08.11.1996 bekräftigt. Dieses Wissen können Sie in unserem Seminar „Unverzichtbare wirtschaftliche Grundlagen für alle Betriebsräte“ erwerben. Außerdem sind für jedes Betriebsratsmitglied Grundkenntnisse im allgemeinen Arbeitsrecht erforderlich.

Gemäß Bundesarbeitsgericht gilt das allgemeine Arbeitsrecht als eng verknüpft mit dem Betriebsverfassungsrecht. In diesem Sinne benötigt jeder Betriebsrat entsprechende Kenntnisse, damit er seinen Tätigkeitsbereich ordnungsgemäß bewältigen kann (BAG v. 16.10.1986 - 6 ABR 14/84). Dies ist das Ziel unserer Seminare „Arbeitsrecht für Betriebsräte Teil I und II“.

Spezialseminare

Der Besuch von Spezialseminaren ist ebenfalls gemäß § 37 Abs. 6 BetrVG erforderlich, wenn für das Betriebsratsmitglied ein aktueller Anlass vorliegt. Dies ist z.B. in Situationen im Betrieb der Fall, die es erfordern, dass sich der Betriebsrat Wissen aneignet, um bestimmte Aufgaben sachgerecht erfüllen zu können (BAG v. 15.05.1986 - 6 ABR 64/83). Des Weiteren ist der Besuch dieser Seminare erforderlich, wenn einzelne Betriebsräte mit besonderen Aufgaben betraut sind, so z.B. die Mitglieder des Wirtschaftsausschusses. Diese Gruppe muss sich ein Spezialwissen aneignen, um die gestellten Aufgaben erfüllen zu können (BAG v. 15.06.1976, AP Nr. 12 zu § 40 BetrVG 1972).