Altersvorsorge / Betriebliche Altersversorgung

06/2005 - Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung in der Insolvenz

Erwirbt ein Arbeitnehmer für Zeiten nach der Konkurs-/Insolvenzeröffnung Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung, so haftet die Masse dafür nicht, wenn es später zu einem Betriebsübergang kommt. In diesem Fall tritt der Betriebserwerber in die dadurch entstehenden Pflichten ein (§ 613a Abs. 1 Satz 1 BGB). Der insolvenzrechtliche Grundsatz der gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung steht dem nicht entgegen. Er gilt nur für Forderungen, die für Zeiten vor der Eröffnung entstanden sind.

Eine Ausnahme gilt für Ansprüche auf Zahlung von Betriebsrenten, die im Jahr nach dem Betriebsübergang fällig sind. Für diese Ansprüche hat die Masse neben dem Erwerber zu haften (§ 613a Abs. 2 BGB).

Das entschied nunmehr der Dritte Senat des Bundesarbeitsgerichtes im Gegensatz zu den Vorinstanzen. Der Kläger hatte nach der Konkurseröffnung noch Anwartschaften aus seinem fortbestehenden Arbeitverhältnis mit Wirkung für die Masse erworben. Er verlangte, dass die Masse dafür einstehen sollte. Damit konnte er nicht durchdringen.

Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 12. September 2003 - 3 Sa 918/02 B

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19.05.2005 - 3 AZR 649/03

03/2005 - Höhere Betriebsrenten für viele Männer

Betriebliche Altersversorgung muss diskriminierungsfrei sein

Arbeitgeber schulden ihren Beschäftigten eine diskriminierungsfreie betriebliche Altersvorsorge. Seit dem EuGH-Urteil "Barber" von 1990 sind Männer wie "versicherungsrechtliche Frauen" zu behandeln. Eine Pensionskasse verstößt also gegen diese Rechtsprechung, wenn ihre Leistungsordnung versicherungsrechtliche Vorgaben enthält, die eine Arbeitnehmergruppe wegen des Geschlechts diskriminiert.

Nach diesen Grundsätzen entschied letzte Woche nun auch das BAG. Männer müssen gleich behandelt werden, wie die früher üblicherweise bevorzugten Frauen. Der betroffene Arbeitnehmer kann den zur Herstellung eines diskriminierungsfreien Rechtszustandes erforderlichen Differenzbetrag gegenüber seinem früheren Arbeitgeber gerichtlich geltend machen.

In dem zu entscheidenden Fall hatte die beklagte Arbeitgeberin ihre Arbeitnehmer bei einer Pensionskasse angemeldet und zahlte die Kassenbeiträge. Die Leistungsordnung der Pensionskasse sah für Arbeitnehmer wie den Kläger vor, dass Versorgungsleistungen von Arbeitnehmern ab Vollendung des 65. Lebensjahres, von Arbeitnehmerinnen schon ab Vollendung des 60. Lebensjahres in Anspruch genommen werden können. Für jeden Monat, den die Betriebsrente vor Erreichen dieser Altersgrenzen in Anspruch genommen wird, ordnet die Leistungsordnung einen versicherungsmathematischen Abschlag in Höhe von 0,4 Prozent an. Wird die Rente später als vorgesehen verlangt, soll ein Zuschlag von 0,6 Prozent pro Monat erfolgen.

Der Kläger war von 1970 bis 1998 für die Beklagte tätig und nahm vorzeitig mit Vollendung des 61. Lebensjahres seine Betriebsrente in Anspruch. Die Pensionskasse nahm daraufhin für die Zeit bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres einen Abschlag von 0,4% pro Monat vor. Der Kläger hielt diese Kürzung für diskriminierend. Das BAG gab dem Kläger Recht. Nach Auffassung des höchsten deutschen Arbeitsgerichts hat der Kläger einen Anspruch auf Nachzahlung. Die Arbeitgeberin ist verpflichtet ihren früheren Mitarbeiter für den Rentenanteil, der auf die Beschäftigungszeiten nach dem "Barber-Urteil" zurückgeht, so zu stellen als sei er eine Frau. Allerdings wiesen die BAG-Richter den Fall zur Klärung von Details an das Hessische Landesarbeitsgericht zurück. Es muss noch ermittelt werden, welcher Teil der vom Kläger erworbenen Betriebsrente auf die Zeit bis zum "Barber-Urteil" (17.05.1990) und welcher Teil auf die Zeit danach entfällt.

Vorinstanz: Hessisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 23. Juli 2003 - 8 Sa 739/02

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 07.09.2004 - 3 AZR 550/03

04/2004 - Betriebsrente: Unverfallbare Anwartschaft nach dem BetrAVG?

Der Pensions-Sicherungs-Verein, Träger der gesetzlichen Insolvenzsicherung, muss nach § 7 Abs. 2 BetrAVG für Versorgungsanwartschaften nur dann eintreten, wenn sie gesetzlich unverfallbar sind. Nach § 1 Abs. 1 BetrAVG aF wurden Versorgungsanwartschaften von Gesetzes wegen unverfallbar, wenn der Arbeitnehmer bei Beendigung seines Arbeitsverhältnisses mindestens 35 Jahre alt war und entweder die Versorgungszusage für ihn mindestens 10 Jahre bestand, oder die Zusage mindestens drei Jahre bestand und der Beginn der Betriebszugehörigkeit mindestens 12 Jahre zurücklag. Nach § 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG sind grundsätzlich auch Zeiten zu berücksichtigen, in denen Personen, die nicht Arbeitnehmer sind, "für ein Unternehmen" tätig geworden sind. Dabei kommt es grundsätzlich nicht auf den Status an, in dem diese Tätigkeit für ein Unternehmen erbracht wird.

Die Klägerin hatte vor der Insolvenzeröffnung etwa 9 1/2 Jahre in einem Arbeitsverhältnis zur späteren Gemeinschuldnerin gestanden; ihr war im Arbeitsvertrag eine Betriebsrente zugesagt worden. Zuvor war sie schon aufgrund eines zwischen ihr und einer anderen Gesellschaft geschlossenen Vertrages viele Jahre für die spätere Gemeinschuldnerin tätig gewesen. Die Klägerin hat geltend gemacht, diese Zeiten seien bei der Berechnung der Betriebszugehörigkeit mitzuzählen. Daher sei ihre aus der arbeitsvertraglichen Zusage resultierende Versorgungsanwartschaft gesetzlich unverfallbar. Der Dritte Senat hat die Klage ebenso wie das Landesarbeitsgericht abgewiesen. Die Anwartschaft der Klägerin war nicht gesetzlich unverfallbar. Zwar scheitert die Anerkennung der früheren Tätigkeit nicht daran, dass sie für die spätere Insolvenzschuldnerin nicht als Arbeitnehmerin tätig war. Die Klägerin hatte jedoch die Tätigkeit nicht für diese, sondern für eine andere Gesellschaft erbracht. Trotz der engen wirtschaftlichen Verflechtung beider Gesellschaften waren nur Zeiten zu berücksichtigen, in denen vertragliche Beziehungen zwischen der späteren Insolvenzschuldnerin und der Klägerin bestanden.

Vorinstanz: LAG Köln, Urteil vom 7. März 2003 - 4 Sa 954/02

Quelle: www.bundesarbeitsgericht.de

BAG, Urteil vom 20.04.2004 - 3 AZR 297/03

02/2004 - Unverfallbarkeitsfrist beginnt schon mit Zusage einer Versorgungszusage

Neues zur Betrieblichen Altersversorgung

Wird in einem Arbeitsvertrag festgelegt, der Arbeitgeber erteile dem Arbeitnehmer nach Ablauf der Probezeit eine freiwillige Pensionszusage nach bestimmten Versorgungsrichtlinien, dann beginnt bereits mit dieser "Zusage einer Zusage" die gesetzliche Unverfallbarkeitsfrist nach § 1 Abs. 1 des Betriebsrentengesetzes (aF; = § 1b Abs. 1 BetrAVG nF), damals zehn Jahre, wenn der Arbeitnehmer auf Grund dieser Zusage damit rechnen konnte, er werde unter ansonsten unveränderten Umständen allein durch weitere Betriebszugehörigkeit und das Erreichen des Versorgungsfalles einen Anspruch auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung erwerben. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn das Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit geschlossen wurde und dem Arbeitgeber im fortbestehenden Arbeitsverhältnis nach Ablauf der Frist, die üblicherweise als Vorschaltzeit bezeichnet wird, kein Entscheidungsspielraum verbleibt, ob er die Versorgungszusage erteilt oder nicht.

Der Kläger hatte im Arbeitsvertrag eine entsprechende Zusage erhalten. Sein Arbeitsverhältnis hatte am 18. November 1991 begonnen und auf Grund arbeitgeberseitiger Kündigung am 31. Dezember 2001 geendet. Das Arbeitsgericht hatte angenommen, die gesamte Beschäftigungszeit von etwas mehr als zehn Jahren sei zu berücksichtigen, soweit es um die Frage gehe, ob der Kläger eine unverfallbare Versorgungsanwartschaft erworben habe. Es hatte deshalb das Bestehen einer Versorgungsanwartschaft entsprechend dem Antrag des Klägers festgestellt. Das Landesarbeitsgericht hatte entgegengesetzt entschieden, weil nur die Zeit seit dem Ende der Probezeit anzurechnen sei, also nur neun Jahre und sieben Monate. Die Revision des Klägers führte zur Wiederherstellung des Urteils erster Instanz.

Vorinstanz: LAG Berlin, Urteil vom 7. November 2002 - 16 Sa 1162/02

BAG, Urteil vom 24.02.2004 - 3 AZR 5/03