Betriebsratswahl 2026: Souverän planen, rechtssicher umsetzen

Jetzt vorbereiten: Damit Mitbestimmung eine starke Stimme behält

Im Frühjahr 2026 ist es wieder so weit: In tausenden Betrieben stehen die nächsten Betriebsratswahlen an. Für viele Gremien bedeutet das: Wahl organisieren, Verfahren prüfen, rechtliche Vorgaben umsetzen – und das möglichst fehlerfrei. Denn Formfehler, Fristversäumnisse oder unvollständige Wählerlisten können die Wirksamkeit der Wahl gefährden. Unser Ziel: Ihnen frühzeitig eine praxisnahe Orientierung zu bieten – mit Blick auf die rechtlichen Grundlagen, typischen Stolperfallen und bewährten Abläufe.

1. Voraussetzungen für eine gültige Betriebsratswahl

Grundlage jeder Betriebsratswahl ist § 1 BetrVG: Wählbar ist ein Gremium, wenn im Betrieb mindestens fünf wahlberechtigte Arbeitnehmer, davon mindestens drei wählbare, beschäftigt sind. Dabei ist es wichtig, die Betriebsstruktur korrekt zu erfassen – z. B. ob es sich um einen selbständigen Betriebsteil oder einen Gemeinschaftsbetrieb handelt.

Was heißt das konkret? Auch kleinere Betriebsstätten oder Filialen können einen eigenen Betriebsrat wählen, wenn sie organisatorisch eigenständig sind. Bei mehreren rechtlich verbundenen Unternehmen (z. B. Holdingstrukturen) kann es zu sogenannten Gemeinschaftsbetrieben kommen – hier ist eine sorgfältige rechtliche Prüfung unerlässlich.

Tipp: Je nach Betriebsgröße und Struktur kann das vereinfachte Wahlverfahren zur Anwendung kommen – eine wesentliche Erleichterung, aber nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig (z. B. bei weniger als 100 Wahlberechtigten).

2. Bestellung und Aufgaben des Wahlvorstands

Der Wahlvorstand ist das zentrale Organ der Wahlvorbereitung. Er wird in der Regel vom amtierenden Betriebsrat bestellt (§ 16 BetrVG), andernfalls durch eine Wahlversammlung oder auf Antrag durch das Arbeitsgericht. Seine Aufgaben:

  • Erstellung der Wählerliste
  • Erlass des Wahlausschreibens
  • Entgegennahme und Prüfung von Wahlvorschlägen
  • Organisation der Wahlhandlung
  • Auszählung und Feststellung des Wahlergebnisses

Wichtig: Der Wahlvorstand agiert unabhängig – weder der Arbeitgeber noch der aktuelle Betriebsrat darf seine Entscheidungen beeinflussen. Gleichzeitig trägt der Wahlvorstand die Verantwortung für die Korrektheit des gesamten Wahlprozesses.

Rolle und Pflichten: Der Wahlvorstand ist rechtlich verpflichtet, das Verfahren unparteiisch, transparent und innerhalb der gesetzlichen Fristen durchzuführen. Jedes Mitglied sollte über grundlegende Kenntnisse des BetrVG verfügen.

Achtung: Fehler des Wahlvorstands können die gesamte Wahl anfechtbar machen. Daher ist es entscheidend, dass mindestens zwei Mitglieder geschult sind und mit Checklisten arbeiten.

3. Wahlberechtigung und Wählerliste

Wahlberechtigt sind alle Arbeitnehmer ab dem 16. Lebensjahr – unabhängig von Anstellungsverhältnis oder Nationalität. Dazu zählen auch:

  • Minijobber (sofern sie in einer persönlichen Abhängigkeit zum Arbeitgeber stehen und in die betriebliche Organisation eingegliedert sind)
  • Teilzeitbeschäftigte
  • Befristet Angestellte
  • Leiharbeitnehmer (sofern mind. 3 Monate im Betrieb)

Nicht wahlberechtigt: Leitende Angestellte im Sinne des § 5 Abs. 3 BetrVG (z. B. Prokuristen mit umfassender Personalbefugnis).

Die Wählerliste muss vollständig und aktuell sein – sie ist Grundlage für das gesamte Wahlverfahren. Wer nicht aufgeführt ist, kann weder wählen noch gewählt werden.

Praxisfehler Nr. 1: Die fehlerhafte Wählerliste ist der häufigste Grund für erfolgreiche Wahlanfechtungen.

4. Wahlausschreiben und Wahlvorschläge – Fristen im Blick

Das Wahlausschreiben muss spätestens sechs Wochen vor dem Wahltag ausgehängt werden. Es enthält alle wesentlichen Informationen: Stichtage, Einspruchsfristen, Einreichung von Vorschlägen, Wahlart und -ort.

Wahlvorschläge benötigen eine bestimmte Zahl an Unterstützungsunterschriften – abhängig von der Zahl der Wahlberechtigten. Zudem gilt: Vorschläge müssen vollständig und fristgerecht eingereicht werden.

Detaillierte Fristenübersicht: Von der Bestellung des Wahlvorstands über die Bekanntgabe des Wahlausschreibens bis hin zum Wahltermin und zur Bekanntgabe des Ergebnisses: Jeder Schritt unterliegt klaren Fristen, die genau dokumentiert sein müssen.

Wer darf kandidieren? Alle Arbeitnehmer, die am Wahltag seit mindestens sechs Monaten dem Betrieb angehören, sofern sie nicht leitende Angestellte sind.

Tipp: Vorlagen nutzen und frühzeitig kommunizieren – das minimiert Ablehnungen und Unsicherheiten.

Information der Beschäftigten: Transparente Kommunikation über Ablauf, Fristen und Beteiligungsmöglichkeiten fördert das Vertrauen in die Wahl und reduziert Rückfragen oder Einsprüche.

5. Persönlichkeitswahl oder Listenwahl?

Die Art der Wahl richtet sich nach der Zahl der eingereichten Vorschläge:

  • Bei nur einem Vorschlag: Persönlichkeitswahl
  • Bei zwei oder mehr Vorschlägen: Listenwahl

In beiden Fällen gilt: Die Verteilung der Mandate muss die gesetzlich vorgeschriebenen Mindestsitze für das Geschlecht in der Minderheit berücksichtigen (§ 15 Abs. 2 BetrVG).

Geschlechterquote erklärt: Ziel ist die Förderung der Chancengleichheit im Gremium. Die Berechnung richtet sich nach dem Verhältnis der Geschlechter im Betrieb zum Zeitpunkt der Wahl. Bei ungerader Zahl von Mandaten wird aufgerundet.

Beispiel: In einem Betrieb mit 70 % Männern und 30 % Frauen muss der Betriebsrat anteilig auch Sitze für das Geschlecht in der Minderheit (hier: Frauen) vorsehen.

6. Ablauf des Wahlgangs und Stimmauszählung

Die Wahl erfolgt geheim und unmittelbar – per Urnen- oder Briefwahl. Die öffentliche Auszählung erfolgt unmittelbar nach Ende der Stimmabgabe. Das Wahlergebnis wird in einer rechtssicheren Niederschrift dokumentiert.

Was ist zu beachten?

  • Ungültige Stimmen dokumentieren
  • Stimmen pro Liste bzw. Person exakt erfassen
  • Berücksichtigung der Geschlechterquote bei der Mandatsvergabe

Digitale Wahlverfahren: Derzeit sind rein elektronische Betriebsratswahlen gesetzlich nicht zugelassen. Jedoch gibt es Entwicklungen und Diskussionen zur Digitalisierung von Teilprozessen, wie etwa der elektronischen Bereitstellung von Unterlagen oder Fristenkontrolle.

Tipp: Eine fehlerfreie Auszählung und Dokumentation vermeidet spätere Konflikte – und sichert die Anerkennung des Wahlergebnisses.

7. Wahlanfechtung – was passiert im Fehlerfall?

Nach § 19 BetrVG kann die Wahl angefochten werden, wenn wesentliche Vorschriften verletzt wurden und das Wahlergebnis beeinflusst sein kann. Anfechtungsberechtigt sind:

  • Wahlberechtigte
  • Im Betrieb vertretene Gewerkschaften
  • Der Arbeitgeber

Die Frist zur Anfechtung beträgt zwei Wochen nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses.

Schutz vor Wahlanfechtungen: Achten Sie auf lückenlose Dokumentation, korrekte Fristen, ordnungsgemäße Bekanntmachung und rechtzeitige Schulung der Beteiligten.

8. Wahlschutz – Rechte und Pflichten während der Wahl

Die Wahl darf nicht behindert werden (§ 20 BetrVG). Wahlbewerber und Mitglieder des Wahlvorstands genießen besonderen Kündigungsschutz. Auch Einschüchterung, Druck oder Behinderung der Willensbildung sind strafrechtlich relevant.

Konsequenzen bei Verstoß:

  • Strafanzeige wegen Wahlbehinderung
  • Anfechtung der Wahl
  • Schadensersatzforderungen

Merksatz: Wer in die Wahl eingreift, greift in ein Grundrecht ein – und riskiert arbeitsrechtliche und strafrechtliche Konsequenzen.

9. Praxisarbeit: Mit Zahlen sicher umgehen

Ein zentraler Teil jeder Vorbereitung ist der korrekte Umgang mit Zahlen und Quoten:

  • Ermittlung der Mindestsitze des Geschlechts in der Minderheit
  • Verteilung der Mandate bei Persönlichkeits- und Listenwahl
  • Berücksichtigung von Teilzeitkräften und Beschäftigungsdauer

Ohne sichere Berechnungen drohen:

  • Unfaire Ergebnisse
  • Verletzung gesetzlicher Vorgaben
  • Gefahr der Wahlanfechtung

Praktische Tipps: Nutzen Sie Vorlagen, Tabellen und digitale Tools zur Mandatsverteilung. Stimmen Sie sich im Team ab und lassen Sie Berechnungen gegenprüfen. Qualifizierte Wahlhelfer und ein funktionierendes Konfliktmanagement tragen zur reibungslosen Umsetzung bei.

10. Teilnahme an Schulungen – gesetzlich erlaubt und dringend empfohlen

Nach § 37 Abs. 6 i. V. m. § 20 Abs. 3 BetrVG gilt: Die Teilnahme an Schulungen zur Vorbereitung und Durchführung der Wahl ist für Betriebsräte und Wahlvorstände erforderlich und zulässig.

Zielgruppen:

  • Betriebsräte, die mit der Wahlorganisation betraut sind
  • Mitglieder des Wahlvorstands
  • Ersatzmitglieder zur Absicherung

Empfehlung: Sorgen Sie frühzeitig dafür, dass mindestens zwei Personen geschult sind – so vermeiden Sie Überforderung, Unsicherheit und Fehler.

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