1.000 Euro Unterschied beim Gehalt? Sind nicht zulässig!

Bundesarbeitsgericht stärkt die Gleichbehandlung

1000 Euro Unterschied je Monat bei der Bezahlung – das ist unzulässig, hat das höchste deutsche Arbeitsgericht geurteilt. Allein die Tatsache, dass ein Kollege sein Gehalt „besser verhandelt“ hat, kann kein zulässiges Unterscheidungskriterium sein.

Die Forderungen aus Beschäftigtensicht waren deutlich: Bis zu 1000 Euro Gehaltsunterschied je Monat lagen zwischen zwei Außendienst-Beschäftigten. Die Klage sollte den Arbeitgeber zur Zahlung rückständiger Vergütung verpflichten - für die Zeit von März bis Oktober 2017 in Höhe von monatlich 1.000 Euro brutto, für den Monat Juli 2017 in Höhe von 500 Euro brutto sowie für die Zeit von August 2018 bis Juli 2019 (monatlich 500 Euro brutto) - insgesamt 14.500 Euro brutto. Der Arbeitgeber machte demgegenüber geltend, die höhere Vergütung des Vertrieblers beruhe auf den mit ihm geführten Vertragsverhandlungen und sei im Rahmen der Vertragsfreiheit zulässig.

Eine wegweisende Entscheidung hat das Bundesarbeitsgericht mit dem Urteil vom 16. Februar 2023, Az. 8 AZR 450/21, getroffen: Besseres Verhandlungsgeschick kann kein Argument für unterschiedliche Bezahlung sein, auch mit der Begründung, der Arbeitnehmer sei einer besser vergüteten ausgeschiedenen Arbeitnehmerin nachgefolgt und habe deswegen eine höhere Bezahlung erhalten, konnte der Arbeitgeber die Vermutung der Entgeltbenachteiligung aufgrund des Geschlechts nicht widerlegen. Das Bundesarbeitsgericht sprach neben der Entgeltnachzahlung auch eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG wegen einer Benachteiligung in Höhe von 2.000 Euro zu.

Absicherung der Beschäftigten über Betriebsvereinbarungen

Ist das Entgelt nicht abschließend über einen Tarifvertrag geregelt, empfiehlt es sich, die Umsetzung über Betriebsvereinbarungen zu regeln und nicht etwa, wie von einigen Unternehmern gewünscht, als unverbindliche Regelungsabrede, bei der im Streitfall immer über die Verbindlichkeit der Absprache diskutiert wird. Denn die Existenz einer Betriebsvereinbarung, in der Arbeitnehmerrechte festgeschrieben sind, erhöht – in Verbindung mit einer effektiven Überwachungstätigkeit des Betriebsrats gemäß § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG – die Rechtssicherheit und trägt wesentlich dazu bei, willkürliches Vorgehen des Arbeitgebers zu verhindern.

Betriebsvereinbarungen haben gemäß § 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG

  • unmittelbare Wirkung, d.h. ihre Normen wirken mit Inkrafttreten der Betriebsvereinbarung „automatisch“ auf die Arbeitsverhältnisse ein.
  • zwingende Wirkung, d.h. ihre Normen können nicht zum Nachteil der Arbeitnehmer – etwa durch einzelvertragliche Vereinbarung – verändert werden (Günstigkeitsprinzip).

Ein Verzicht auf Rechte durch den einzelnen Arbeitnehmer ist nur mit Zustimmung des Betriebsrats wirksam. Rechte, die durch Betriebsvereinbarung begründet werden, können der Betriebsrat oder der einzelne Arbeitnehmer notfalls im Wege der Klage beim Arbeitsgericht durchsetzen.

Geschrieben von: Marcus Schwarzbach
Berater in Mitbestimmungsfragen und Fachautor, hohe Praxiserfahrung in der Zusammenarbeit von Arbeitgeber und Betriebsrat

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